Pflegebedürftigen Kindern wird ab Tag 29 eines Klinik- oder Rehaaufenthalts das Pflegegeld ersatzlos gestrichen, obwohl ihre Eltern die Pflege – im Krankenhaus genauso wie zuhause – weiter übernehmen!
Dies ist nicht nur ungerecht und unverständlich, sondern stellt pflegende Familien auch regelmäßig vor finanzielle Schwierigkeiten – eine unnötige Belastung zusätzlich zur fordernden Sorge um das Kind, das nicht umsonst so lange im Krankenhaus behandelt werden muss!
Um diesen Missstand zu beheben, wurde die Petition „Mehr als 28 Tage“ ins Leben gerufen:
Pflegende Eltern übernehmen – nicht zuletzt auch deshalb, weil ambulante Unterstützungsangebote nicht verfügbar sind – regelmäßig die komplette Pflege ihrer Kinder. Rund um die Uhr, an 365 Tagen im Jahr. Diese notwendige Fürsorge leisten Eltern selbstverständlich aus Liebe zu ihrem Kind – und doch bedeutet dies für viele, aufgrund der fehlenden Vereinbarkeit von Pflege und Beruf auch, dass sie einer eigenen Erwerbstätigkeit nicht mehr nachkommen können.
Pflegegeld, was ist das eigentlich?
Pflegegeld, das die Pflegekasse an die pflegebedürftige Person auszahlt, stellt dabei keine „Gehaltsausgleichszahlung“ dar und doch muss in Familien mit pflegebedürftigen Kindern oftmals mit dem Pflegegeld als Baustein des Haushaltseinkommens gerechnet werden.
Das Pflegegeld wird der pflegebedürftigen Person von der Pflegekasse überwiesen. Diese kann über die Verwendung des Pflegegeldes frei verfügen und gibt das Pflegegeld in der Regel an die sie versorgenden und betreuenden Personen als Anerkennung weiter. (Quelle: Bundesgesundheitsministerium)
„Supergau“ Klinikaufenthalt – in vielerlei Hinsicht…
Passiert das, was pflegende Eltern tagtäglich versuchen zu verhindern und wovor sie große Angst haben – nämlich, dass sich der Gesundheitszustand des Kindes so verschlechtert, dass man um einen stationären Aufenthalt im Krankenhaus nicht umhinkommt – so gesellen sich zu den unendlichen Sorgen um das Kind, schnell auch finanzielle Herausforderungen, denn:
Ab Tag 29 im Krankenhaus streicht die Pflegekasse das Pflegegeld mit der Argumentation, dass die Pflege des Kindes vom Klinikpersonal geleistet wird. Die Realität sieht aber leider ganz anders aus. Der Pflegenotstand macht auch vor Kinderstationen keinen Halt und die Versorgung chronisch kranker und behinderter Kinder könnte ohne die Pflege der Eltern gar nicht von Seiten der Krankenhäuser geleistet werden.
Mütter berichten
Sophie Niethammer beschreibt ihre Situation in einem Interview mit dem SWR verständlicherweise als unfair, nachdem sie erzählt, wie sie im Krankenhaus genauso pflegt wie zuhause – nur mit dem erschwerenden Umstand, dass sie in der Klinik nicht auf ihre täglichen Routinen zurückgreifen kann und sogar Zusatzaufgaben, wie z.B. das Protokollieren für das Pflegepersonal, übernehmen muss.
Realistische und eindrucksstarke Worte findet auch Simone Brugger im Text zur Petition „Pflegegeld für behinderte Kinder auch bei stationärem Aufenthalt über 28 Tage! #MehrAls28Tage“, die sie mit anderen Mitstreiterinnen gestartet hat:
Die Herzfrequenz schwankt, der Monitor schlägt Alarm. Ich stimuliere das Herz, lagere um, drücke erneut den Notfallknopf und warte, dass eine Krankenschwester unterstützt. Geschafft. Allein, weil niemand kam.
Ich klappe meine Liege zusammen, auf der ich heute wenigstens 2 Stunden am Stück schlafen konnte. Die Tür öffnet sich, ich weiß schon gar nicht mehr, weswegen ich geklingelt habe. Eine Auszubildende fragt nach, wie viel Nahrung ich sondiert habe, welche Medikamente ich verabreicht habe und ob ich mein Kind in der Frühschicht schon versorgt hätte. Und ich hatte noch nicht mal eine Tasse Kaffee bis jetzt.
Das Personal kann die Pflege meines Kindes nicht allein gewährleisten. Ich schon, sagen sie. Selbst die Medikamente für mein Kind bringe ich mit. Ich pflege. Ohne Pause, oft ohne Schlaf und tagsüber auf einem Holzstuhl sitzend. Ich mag mir nicht vorstellen, was ohne mich am Krankenhaus-Bett meines Kindes wäre. In diesen Zeiten von Personalmangel.
Guten Morgen. Tag 29. Ab heute pflege ich wie jeden Tag. Nur ohne Pflegegeld. Ohne eigenes Bett. Ohne Privatsphäre. Nur mein Kind, meine treue Klappliege und ich.
Unsere Erfahrung
Auch wir waren in der Situation, dass unser Franzi länger als 28 Tage im Krankenhaus verbringen musste.
Als uns die Pflegekasse mitteilte, dass das Pflegegeld ab Tag 29 gestrichen wird, waren wir erst der Überzeugung, dass es sich hier um einen Irrtum handeln muss, denn – wie andere pflegende Eltern auch – war ich die ganze Zeit rund um die Uhr in der Kinderklinik und habe die komplette Versorgung übernommen. Sogar unseren Hustenassistenten, ein Hilfsmittel das Franzi beim Abhusten von Sekret unterstützt hat und das das Pflegepersonal gar nicht hätte bedienen können, habe ich uns damals von zuhause in die Klinik bringen lassen.
Diese Erfahrungen sind kein Einzelfall – viele Familien, die sich jeden Tag um das Wohlergehen ihrer Kinder sorgen und sich für sie mit aller Kraft einsetzen, sind von dieser Ungerechtigkeit betroffen.
Wenn auch Sie der Meinung sind, dass diese unfaire Regelung ein Ende haben muss, so gelangen Sie hier zur Petition, wo Sie Ihre Stimme abgeben können – herzlichen Dank für Ihre Unterstützung!
… 45.023 Personen teilen diese Meinung! (Stand 07.07.2024)
Kennen Sie eigentlich die umfangreiche Linkliste zu unseren Stiftungsthemen „Leben mit schwer bzw. selten erkranktem Kind“ und „Leben mit Trauer als verwaiste Familie“?