Weltraumforschung für schwer erkrankte Kinder?

Im ersten Moment kam mir die Idee, dass ein Hilfsmittel für neueromuskuläre Erkrankungen, Osteoporose, Rückenschmerzen, Durchblutungsstörungen, zur Muskellockerung und –kräftigung u.v.m. nützlich sein soll, wie eine ambitionierte Marketingkampagne vor. Dieses Gerät schien die eierlegende Wollmilchsau der Therapien zu sein. Außerdem sollte die Technik der Weltraumforschung entliehen sein, bei welcher der Erhalt der Muskelkraft bei Astronauten in der Schwerelosigkeit größtes Ziel war. Letztendlich – nach mehreren Jahren Praxistest – hat mich die Ganzkörper-Vibrationsplatte namens Galileo völlig überzeugt:

Bei dem Galileo-System handelt es sich um eine Vibrationsplatte, die sich wie eine Wippe bewegt. Durch diese seitenalternierende Bewegung der Platte werden neuromuskuläre Reflexe ausgelöst. Die Verbesserung der neuromuskulären Funktionen ermöglicht eine Zunahme der Bewegungsaktivitäten mit zunehmenden Aufbau beziehungsweise Kräftigung der Muskulatur. Als Folge des Muskelkraftzuwachses kommt es zu einer Zunahme der Knochenmasse. Dies entspricht den Erkenntnissen aus dem Modell der funktionellen Muskel-Knochen-Einheit, die besagt, dass sich der Knochen an die auf ihn einwirkenden Muskelkräfte anpasst.

Neben dem Zuwachs an Muskelkraft wird durch die regelmäßige Aktivierung der neuromuskulären Reflexbögen auch die inter- und intramuskuläre Koordination verbessert. Hierdurch kommt es zu einer Verbesserung der Körperkoordination.

Zudem wird durch die Anregung der Muskulatur ein positiver Effekt auf die Hautdurchblutung ausgeübt und es kann zu einer Verbesserung von eventuell bestehenden Kontrakturen kommen. Für Kinder und Jugendliche, die nicht in der Lage sind, auf einem Galileo-Standsystem zu trainieren, wurde dieses Vibrationssystem angepasst. Der Kölner Steh- und Gehtrainer – System Galileo ermöglicht es den Kindern, ein seitenalternierendes Ganzkörpervibrationstraining schon im Liegen zu beginnen. Entsprechend der Zunahme der Muskelkraft kann eine zunehmende Vertikalisierung erreicht werden, so dass die Kinder in einer immer aufrechteren Körperposition ihr Training fortsetzen können.

(Quelle des Zitats: https://unireha.uk-koeln.de/kinder-jugendreha/behandlungskonzept-auf-die-beine/trainingsprogramm/)

Versuch macht klug!

Nachdem ich – nach zeitraubenden Recherchen im Internet nach sinnvollen Therapiemethoden für unseren Franzi – in einem Elternforum auf diese Vibrationsplatte gestoßen war, habe ich einen möglichen Einsatz mit unseren behandelnden Ärzten am Haunerschen Kinderspital besprochen. Diese hatten bereits mehrere Jahre gute Erfahrungen mit dem Galileo sammeln können und haben uns damals, im Jahr 2014, eine „Bestellung auf Probe“ empfohlen, da die Kooperation des kleinen Patienten essentiell ist und dies vor einer kostenintensiven Anschaffung abgeklärt werden sollte.

Hilfsmittel bedeutet nicht zwingend hilfreiches Mittel!

Dank der hervorragenden Einweisung durch einen Mitarbeiter der Firma Novotec Medical – in unserem Fall damals schon via Skype – waren schnell ein paar Übungen gefunden, die genau auf Franzis Erkrankung und seinen Fitnessstand abgestimmt waren. Die Bedienung war extrem einfach und die Faktoren, die es bspw. bei der Körperhaltung während der Übungen zu beachten gab, schnell besprochen. Das Wichtigste aber: Franzi machten die Übungen von Anfang an viel Spaß und der Countdown in der Anzeige des Geräts motivierte ihn zu immer größeren Leistungen.

Der Erfolg gibt Recht

Auch wenn die Übungen „von außen“ relativ unspektakulär erscheinen, führt die seitenalternierende Bewegung der Platte, auf der man seine Position einnimmt, je nach Frequenzbereich, der vorher ausgewählt werden kann, zu schweißtreibenden Übungen im Bereich von Dehnung, Lockerung oder Kräftigung. Somit konnte eine große Wirkung erzielt werden und dies bei relativ kurzen Trainingszeiten – ein riesiger Pluspunkt für unseren Sohn, der natürlich, wie wohl jedes andere Kind, am allerliebsten mit seiner großen Schwester spielen wollte. Was aber auch Franzi schnell bemerkte, war die verbesserte Kraftsituation in den Beinen und den Armen (unsere ersten „Baustellen“). Dies führte nicht nur dazu, dass Franzi in verhältnismäßig kurzer Zeit seinen Aktionsradius stark erweitern konnte, sondern auch dazu, dass er, im Falle eines Sturzes, seinen Körper selbstständig viel besser abfangen konnte. Ein unwahrscheinlich großer Erfolg, wenn man an das Verletzungspotential denkt, das mit jedem „ungebremsten“ Sturz einhergeht!

Wie fleißig Franzi trainierte können Sie in diesem kurzen Video sehen:

Keine Werbung – Arzt fragen

Wir möchten hier ausdrücklich nochmals darauf hinweisen, dass wir keine (bezahlte) Werbung für den Galileo machen – wir sind der Meinung, dass dieses fantastische Gerät dies gar nicht nötig hat. Natürlich sind die hier geschilderten Erfahrungen jedoch nur unsere subjektive Sicht in unserer damaligen Situation. Auf keinen Fall sollte ohne vorherige ärztliche und therapeutische  Rücksprache mit dem Training auf dem Galileo begonnen werden. In jedem Fall sollte man sich, unserer Meinung nach, mit den Einsatzmöglichkeiten und den verschiedenen Übungen vorher auseinandersetzen. Dies ist heute noch viel besser möglich, als noch vor sechs Jahren: auf der Seite galileo-training.com finden sich nicht nur die Produkte selbst, sondern auch interessante Informationen zum Zusammenhang von Muskeln & Knochen und nicht zuletzt auch eine große Literatursammlung. 

Antrag Krankenkasse

Die Dokumente dieser Literatursammlung können wir für die Beantragung der Kostenübernahme des Geräts bei der Krankenkasse nur empfehlen. Hier finden sich verschiedene Studien zur Wirksamkeit des Trainings mit dem Galileo und auch viele weitere wissenschaftliche Publikationen – beides wichtig, um Sachbearbeiter bei Versicherungen zu einer positiven Entscheidung zu bewegen! 

Und sollten noch weitere Belege für die Wirksamkeit erforderlich sein: Das Zentrum für Prävention und Rehabilitation der Uniklinik Köln arbeitet bereits seit vielen Jahren im Rahmen ihres Behandlungskonzeptes „Auf die Beine“ erfolgreich u.a. auch mit der Ganzkörper-Vibrationstherapie (Galileo)! Der Vorstellungsfilm ist absolut empfehlenswert, v.a. da man gut erkennen kann, wie hart Kinder mit Einschränkungen arbeiten müssen, um ihre Lebensqualität zu verbessern. Sollte man diese fleißigen, ehrgeizigen und liebenswerten Kinder nicht unterstützen?

Hilfe der Franz-Schubert-Stiftung

Wir wünschen uns, dass Kindern, für die dieses Training sinnvoll ist, zuhause ein Galileo Therapiegerät zur Verfügung steht. Einmal pro Woche zur Therapie zu fahren ist nicht nur mühsam und zeitraubend für die Familien, sondern leider auch nicht zielführend, da jeden Tag ein wenig „gearbeitet“ werden muss, um Verbesserungen zu erzielen.

Leider können wir als Stiftung nicht einzelne Familien finanziell unterstützen. Was wir aber leisten können, ist eine Verbesserung der wissenschaftlichen Datenlage:

Aus diesem Grund haben wir im Jahr 2022 eine Studie am Haunerschen Kinderspital mit 12.000 Euro unterstützt, die die Wirksamkeit der Vibrationsplatte nachweisen und damit eine verbesserte Argumentationssituation für Eltern betroffener Kinder darstellen soll. Genaueres können Sie in unserem Beitrag hier lesen: Galileo Vibrationsplatten für das iSPZ Hauner

Nach Abschluss der Studie, die kurz vor Veröffentlichung steht, haben wir erneut Rückmeldung zur „Zweitverwertung“ der von uns finanzierten Galileos erhalten. Diese werden nun an Familien des iSPZ Hauner für einen festgelegten Zeitraum verliehen, sodass der Einsatz der Vibrationsplatten getestet werden kann. Dazu lesen Sie gerne hier weiter: „Galileo-Studie“ abgeschlossen

Bitte unterstützen Sie unser Arbeit

Möchten Sie Kindern, die mit solch einer Eigenmotivation und Energie für ihre Selbstständigkeit arbeiten, unterstützen, so freuen wir uns sehr über Ihre Spende!

Kennen Sie eigentlich die umfangreiche Linkliste zu unseren Stiftungsthemen „Leben mit schwer bzw. selten erkranktem Kind“ und „Leben mit Trauer als verwaiste Familie“?